16. September 2010

Buchreview zu Toni Maguire: Kein Wort zu Mami

16. September 2010



Figuren: Antoinette/Toni, ihre englische Mutter, ihr irischer Vater „Paddy“

Zeit und Ort: Großbritannien (England, Nordirland) in den 50er Jahren und „Gegenwart“

Inhalt (grob): Im Alter von 4 zieht Antoinette mit ihrer Mutter und ihrem Vater, den sie zuvor nur selten gesehen hat, vom friedlichen England ins kalte und graue Nordirland. Denn dort lebt die Familie ihres Vaters, dort wollen ihre Eltern arbeiten und wohnen. Dort beginnt auch das schwere Leben für Antoinette, denn ihr Vater hat 2 Gesichter. Seine Familie, Freunde Nachbarn und auch seine Frau kennen ihn als liebenden, witzigen und gutaussehenden Sohn, Bruder, Kumpel, Ehemann und Vater. Antoinette lernt ihren Vater im Alter von 7 Jahren als grausamen, angsteinflößenden Pädophilen kennen, auch wenn sie dieses Wort erst sehr viel später gebraucht und versteht.

Bald dreht sich ihr ganzes Dasein darum ihr Innerstes zu verstecken und vor der Realität zu fliehen.

Als selbst ihre Mutter nach dem ersten Übergriff von den Erfahrungen und Ängsten ihrer Tochter nichts hören will, sondern stets das harmonische Bild einer glücklichen Familie wahrt und sich selbst als Opfer einer ungehorsamen Tochter, des Krieges und eines jüngeren, attraktiveren Mannes sieht, wächst Antoinettes Verzweiflung Jahr um Jahr. Sie sondert sich ab, zieht oft um, wechselt die Schule, wird vernachlässigt und betäubt sich schließlich mit Alkohol, der ihr von ihrem Vater zu Anfang eingeflößt wurde. Wenigstens einmal in der Woche unternimmt der Vater „Ausflüge“ mit seiner Tochter und vergreift sich später auch im Haus an seinem Kind, wenn die Mutter zur Arbeit gefahren ist.

Diese Übergriffe gehen solange „gut“ bis Antoinette im Alter von 14 Jahren merkt, dass sie im 3. Monat schwanger ist. Aus Angst vor dem Gerede der Nachbarn und Verwandten schicken ihre Eltern Antoinette in eine entferntes Krankenhaus zu einer „Operation“, die sie wenige Zeit später fast das Leben kosten soll. Doch damit ist die Hölle für Antoinette noch nicht vorüber …

Die wahre Geschichte wird von Toni Maguire bzw. Antoinette Maguire selbst erzählt, nachdem ihre Mutter in einem Hospiz an Krebs gestorben ist ohne sich bei ihrer Tochter für die Qualen ihrer Kindheit und Jugend zu entschuldigen. Während Toni also auf den Tod ihrer Mutter wartet, drängen sich die Erinnerungen an ihre Zeit als Antoinette wieder in ihr Bewusstsein und wollen verarbeitet werden.

Bewertung: Für mich selbst war vor allem das letzte Drittel erschreckend, denn weder die Familie, noch Lehrer, noch die Psychologen hatten Verständnis für Tonis Situation und ihr jahrelanges Schweigen aus Liebe zur Mutter.

Die ersten beiden Drittel waren für mich etwas zäh, was zum einen daran lag, dass ich mich schon oft mit dieser Thematik auseinandergesetzt habe, und Toni Maguire zum anderen schon am Anfang ihren Werdegang bis zum 14. Lebensjahr vorwegnimmt, während sie bei ihrer Mutter im Hospiz wartet.

Faszinierend ist auch die recht kühle und distanzierte Schreib- und Sprechweise, wobei ich hier nicht sagen kann, wie nah sich die Übersetzung am Original orientiert.

Empfehlung: Ja. Eine schonungslos ehrliche Aufarbeitung einer Kindheit, die nichts für schwache Nerven ist.

3 Kommentare:

Nina hat gesagt…

Das Buch kommt auf jeden Fall mal auf meine Bücher-Wunschliste :) Ich lese gern so Bücher.

Frau Fräänzi :] hat gesagt…

puh,vielen dank für diese review, hatte das buch letztens auch noch in der "hand" bzw. auf amazon*lach und wusste nicht genau, ob ichs mr wirkl. bestellen soll oder nicht. ich muss dat getz erstmal ein wenig sacken lassen und dann überleg ichs mir vllt. doch nochmal :]
dank dir nochmal, byebyee :]

Anonym hat gesagt…

dieses buch ist das was man sich unter gebrochenes Schweigen versteht
keiner wird je verstehen wie sich diese Frau beim überwinden ihres Schweigens gefühlt hat und alle menschen an ihre geschichte über ihre langjährige hölle durch ihren vater teilhaben lassen
dieses buch war das erste bei dem ich wegen der schonungslos ehrlich geschriebenen seiten weinen musste
mir tut es weh das ein mann so etwas einem kind vor allem seiner eigenen tochter die einen so liebt egal was man tut antun kann
ich bitte alle mädchen denen so etwas passiert nicht zu schweigen denn die menschen denen du deine geschichte erzählst können dir helfen und deine hölle beenden
es hilft niemandem wenn du dieses martyrium weiter durchmachen musst und gar nicht mehr leben kannst


liebe grüße

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